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High Intensity Intervall Training auf Strandboulkevard in Playitas mit Angela Lindberg

HIIT

High Intensity Interval Training

Alter Schuh in neuem Gewand? 

Vor etwa fünfzehn Jahren habe ich zum ersten mal die Begriffe High Intensity Training (HIT) und High Intensity Interval Training (HIIT) gehört. Fälschlicherweise glauben immer noch viele Ausdauersportler, dass es sich beim hochintensives Training (HIT) beziehungsweise dem hochintensiven Intervalltraining (HIIT) um ein und dieselbe Trainingsform handelt. Dem ist nicht so: Während es beim HIT um den Aufbau von Muskulatur und Kraft geht, ist das HIIT auf das Ausdauertraining ausgerichtet. 

Mittlerweile existieren sehr viele Studien, die sich im Rahmen des HIIT mit unterschiedlichen Belastungen, Intensitäten und Entlastungsphasen beschäftigen. Dabei handelt es sich um sehr kurze, aber hochintensive Intervalle bis zu einer Länge von maximal 60 Sekunden, die in eine sehr kurze Gesamtbelastungsphase von bis zu sieben Minuten durchgeführt werden. Diese hochintensiven Intervalle sollen mehr oder weniger die gleichen Auswirkungen haben wie mehrere Stunden aerobes Training. Dabei werden sowohl die schnellen als auch die langsamen Muskelfasern benötigt. Es hilft also auch bei der sogenannten „Rekrutierung“, die bei dem arbeitenden Muskel auch das mögliche Potential richtig auszuschöpfen hilft. Das kurze, jedoch intensive Training hat auch viele positive Effekte auf den Stoffwechsel von Kohlenhydraten und Fetten. Es kurbelt den Grundumsatz hoch – man spricht hier von dem Nachbrenneffekt – und es führt zu gewünschten Anpassungen in den Muskelenzyüme.

High Intensity Intervall Training auf Strandboulkevard in Playitas mit Angela Lindberg

Studien

Professor Izumi Tabata veröffentlichte bereits im Jahr 1996 eine Studie an Eisschnellläufern, in der es darum ging, vier Minuten lang abwechselnd 20 Sekunden lang Maximalleistung zu bringen, gefolgt von einer Pause von zehn Sekunden. Die Sportler trainierten dabei sechs Wochen lang fünfmal in der Woche auf einem Radergometer trainiert. Einmal aerob eine Stunde lang und an vier Tagen jeweils nach dem Aufwärmen nur dieses vierminütige Intervallprogramm. Im Vergleich zu der Kontrollgruppe, die an fünf Tagen in der Woche jeweils eine Stunde aerob (70 Prozent von VO²max) trainiert hat, war die Tabatagruppe nicht nur bei den anaeroben Werten, sondern überraschenderweise auch bei den aeroben Werten deutlich besser als die Kontrollgruppe. Diese mittlerweile etablierte Trainingsform ist auch bekannt unter der Bezeichnung Tabatatraining. In einer 2008 veröffentlichten Studie stellten Dr. Martin Gibala und seine Kollegen fest, dass man mit nur 2,5 Stunden Sprintintervalltraining (eine andere Beschreibung für HIIT) in der Woche die gleichen biochemischen Muskelanpassungen feststellen kann wie mit 10,5 Stunden aeroben Training.

 Vollgas

Die Belastungsphasen des HIIT kennen nur ein Tempo: Vollgas. Das Verhältnis von Belastung und Erholung liegt nach Tabata normalerweise im Verhältnis 2:1, nach Gibala und Kollegen eher bei 1:1. Dabei kann die Erholungsphase aus stehen bleiben, langsames kurbeln oder joggen oder aus einer Reduzierung des Maximaltempos um 20-30 Prozent handeln. Die Erholungsphase hängt dabei von der Disziplin, Trainingsperiode, dem Trainingsziel und der Wettkampfdistanz ab. Unmittelbar nach der Pause beginnt das nächste Belastungsintervall. Die Variationsmöglichkeiten für ein HIIT können praktisch also fast unbegrenzt eingesetzt werden.

 Die HIIT-Studien haben jedoch den Nachteil, dass sie normalerweise über einen Zeitraum von 2-6 Wochen mit einem für Triathleten vergleichsweise extrem niedrigen Trainingsumfang durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass die Anpassung des Herz-Kreislaufsystems, die normalerweise über einen längeren Zeitraum erfolgt, nicht ausreichend berücksichtigt werden kann. Der Umkehrschluss würde also bedeuten, dass ein HIIT sich also für Triathleten nicht eignen würde. Ich persönlich bin jedoch zu der Überzeugung gekommen, dass man mit einem „normalen“ HIIT aus einem ausreichend trainierten Körper relativ schnell weitere Leistungssteigerungen erzielen kann. Auch wenn aus einer Ente nicht gleich ein ferrari wird, so bekommt die Ente jedoch gleich ein paar PS mehr! Vorausgesetzt, die Athleten aller Leistungsklassen vernachlässigen nicht das Grundlagentraining und bestimmte Umfänge.

 Ein typisches Lauf-HIIT könnte so aussehen: 10-15 Minuten locker einlaufen inklusive  2-3 kurze Steigerungsläufe (15 Sekunden). Danach folgen 45 Sekunden im maximalen Tempo, gefolgt von einer Erholungsphase von fünf Minuten, bevor Sprint und Erholung weitere drei bis fünfmal wiederholt werden.

 HIIT = Intervalltraining in neuer Verpackung?

Der frühere deutsche Bundestrainer der Leichtathleten, Woldemar Gerschler, trainierte seine Athleten bereits in den 30er Jahren mittels der damals neuartigen Methode des Intervalltrainings. Noch erfolgreicher  war der Tscheche Emil Zatopek, der eine Kombination aus Sprints extensiven Intervallen von bis zu 100 x 400 Meter (fast täglich) bevorzugte. Leider mit dem Nachteil, dass Zatopek eigentlich nie wirklich erholt das Training aufnahm. Mit dem Regenerationswissen von heute wäre er zu seiner Zeit sicherlich noch schneller gelaufen. Der Neuseeländer Arthur Lydiard integrierte nach einer langen Grundlagenperiode mit vielen Laufkilometern den Sanddünenlauf: dabei mussten seine Athleten Läufer über einen Zeitraum von 7-10 Minuten immer wieder eine Sanddüne rund 20 Sekunden im Sprint hochlaufen, gefolgt von einer lockeren, maximal Trabpause von zehn Sekunden. Am Ende der sieben Minuten folgte eine zehnminütige Trabpause am Strand, bevor mit dem nächsten Sanddünenintervall begonnen wurde. Kurz vor der Wettkampfsaison ließ Lydiard noch einige hochintensive 200 Meter Intervalle und Tempoläufe folgen.

 Ich selbst habe bereits Ende der Achtziger Schwimmeinheiten absolviert, die im Grunde genommen nur aus 225 Meter effektivem Schwimmen bestanden: 100, 75 und 50 Meter Kraulen im Maximaltempo, gefolgt mit einer Pause von fünf Minuten Damals hieß es nur nicht HIIT, sondern Lacktattoleranz -Training. Und es hat funktioniert, damals wie heute.

 Was ist also neu?

Das neue an HIIT ist, dass viel weniger Training ausreicht, als man vorher angenommen hatte. In der „Kürze liegt also die Würze“, vorausgesetzt, die Intensität ist auch hoch genug. Die sich daraus resultierende Frage lautet, wie das Training aufgebaut werden sollte. Auch das HIIT orientiert sich an die klassische Trainingspyramide: der ganz breiten Basis Grundlagentraining mit lockeren Intensitäten folgen nach oben hin die immer intensiveren Einheiten. Eine Konsequenz der vielen Untersuchungen ist, dass derzeit in Frage gestellt wird, ob die mittleren Bereichen, also die Mischung aus lang und aerob-anaeroben Schwellentraining, überhaupt noch erforderlich sind, weil sie den Athleten – bei geringer Trainingswirkung – nur müde machen!

 Wie integriere ich HIIT in meinen Trainingsplan

HIIT sollte in seiner reiner Form nicht das ganze Jahr über berücksichtigt werden. Einerseits wären die Trainingsreize zu einseitig und das Verletzungspotential zu hoch, anderseits stellt es mental sehr hohe Ansprüche, das ganze Jahr so hart zu trainieren. Hingegen eignet es sich jedoch hervorragend für Perioden von bis zu zwei Monaten. Dabei sollte den Körper durch Krafttraining und motorische Übungen wie Steigerungsläufe und kurze Sprints an die hochintensiven Intervalle vorbereitet werden. 

 HIIT Minimaltraining: Beispiel für eine Trainingswoche

Montag:
Ruhetag

Dienstag:
Schwimmen: circa 1.000 Meter inklusive 8 x 50 Kraulen maximales Tempo mit jeweils 15 Sekunden Pause

Ergometer: 30 Minuten inklusive 7 mal 40 Sekunden maximales Tempo mit jeweils 20 Sekunden Pause

Mittwoch:
Laufen: 30 Minuten: 10 Minuten locker einlaufen, zehnmal eine Minute maximales Tempo mit einer Minute gehen und anschließendem Auslaufen

Donnerstag:
Laufen: dreiviertel Stunde locker laufen mit anschließendem Stabi-Training (15 Minuten) 

Freitag:
Schwimmen: 600 Meter inklusive 200-100-50 Meter Kraulen maximales Tempo mit anschließender Pause von fünf Minuten

Ergometer: 30 Minuten inklusive 5 mal 1 Minute maximales Tempo mit vier Minuten Pause

Samstag:
Laufen: 30 Minuten inklusive 8 x 200 Meter maximales Tempo mit jeweils anschließendem Traben (100 Meter) 

Sonntag:
Schwimmen: 30 Minuten lockeres Dauerschwimmen

Radfahren: 75 Minuten lockeres Kurbeln

Stabitraining (15 Minuten)

 Umsetzung

Um sicherzustellen, dass das Herz-Kreislauf System sich auch weiter entwickelt, wird HIIT fast immer mit dem Grundlagentraining kombiniert. Dies hat den Vorteil, dass sich Muskeln und Nerven relativ schnell von der Belastung erholen können. Die Kunst HIIT als ein sehr erfolgreiches Trainingsmittel einzusetzen ist dabei, für jede Disziplin und für jeden Athlet dann noch den richtige Trainingsaufbau (Kraft, Motorik, Ausdauer) und die Mischung der einzelnen Disziplinen zu finden. Aktuelle HIIT-Untersuchungen zeigen auf, dass eine noch genauere Trennung von lockeren und harten Einheiten bessere Resultate erzielen können als das viel zu häufig praktizierte Mischmaschtraining. Besonders interessant ist HIIT kurz vor und während der Wettkampfsaison. Hier sollten sich viele Athleten hinterfragen, ob sie lieber Umfänge trainieren oder schneller werden möchten. 

Dass HIIT sich hervorragend für die kürzeren Wettkampfformen eignet – sofern das Training um genügend lockere aerobische Einheiten ergänzt wird – überrascht sicherlich niemanden. Aber wie sieht es mit der Mittel- und Langdistanz aus? Der Theorie und den Untersuchungsergebnissen nach müsste es also reichen, wenn man die hochintensiven Intervalle mit genügend Umfang kombiniert. Da der Wechsel von der Kurz- auf die Langdistanz nicht zu unterschätzen ist, muss die Frage beantwortet werden, wie viel Training braucht man im mittleren Bereich – also 75-90% von VO²Max – um eine Langdistanz auch muskulär erfolgreich zu finishen. Neben der regelmäßigen Einbindung von kurzen und schnellen Wettkämpfen muss der Athlet während der verschiedenen Phasen eines „normalen Langdistanztrainings“ in der Lage sein, die angestrebten Intensitäten des HIIT auch zu erreichen und zu verkraften. 

Fazit

Leider gibt es bislang noch keine Studien im Ausdauersportbereich, die aufzeigen, dass man nur mit HIIT und ohne ein begleitendes umfangreiches Ausdauertraining sein maximales Potential erreichen zu können. Allerdings sind sich alle darüber einig, dass sich hochintensives Training enorme Vorteile haben kann. Allein diese Tatsache macht diese Trainingsform interessant, insbesondere dann, wenn das Zeitbudget sehr eingeschränkt ist und man auf eine (langjährige) Ausdauersporterfahrung zurückgreifen kann. Und Mark Allen war zu seiner zeit ein gutes Beispiel dafür, Umfänge mit HIIT-Blöcken zu kombinieren, um „in beiden Welten“ erfolgreich zu sein. 

Jeder Triathlet, der schneller werden möchte, sollte das HIIT in seinen Trainingsalltag einbauen beziehungsweise nicht vernachlässigen. Es muss nicht umfangreich sein, aber es sollte hart sein. Auch hier müssen einige „alte Sportler“ mit vielen Trainingsjahren auf dem Rücken umdenken. HIIT oder davon inspirierte Versionen sorgen im Training für Abwechslung und die extra Prise Salz und Pfeffer. Qualität steht definitiv vor Quantität. 

In diesen Sinne let´s hi(i)t the road…

 


Tritime